1962 Lagerung – einst und jetzt
Was bis in die 60er Jahre hinein als Lagergefäß für Säuren und Laugen zum Einsatz kommt (und in Deutschlands Osten noch weit über diesen Zeitraum hinaus), erfüllt 60 Jahre später neben den modernen Fasslagern auf dem Firmenhof vor allem dekorative Zwecke: die tollen Tontöpfe von anno dazumal.
1963 Zweite Heimkehr ins Rheinland
Zum Januar 1963 kehrt Hans Overlack endgültig in das Familienunternehmen zurück. Von seinem Vater Heinrich, der vom langen und intensiven Arbeitsleben erschöpft ist, übernimmt er die Verantwortung für die Bereiche Betrieb, Technik, Finanzen und Personal. Für den Verkauf ist unverändert Senior Ludwig Overlack zuständig, dessen älterer Sohn Eduard erst 24 Jahre alt ist. Die Spielräume der Söhne sind nicht allzu groß in diesen Zeiten, ihr Weg ist vorgezeichnet.
Bei der Einführung des neuen Geschäftsführers beträgt der Jahresumsatz der „Gebrüder Overlack“ 6 Millionen DM; das entspricht etwa 14 Millionen € im Jahr 2022.
1964 OVERLACK macht OVERLIN
Ein bisschen „Fabrik“ gibt es schon noch an der Aachener Straße: die Lackabteilung mit der Hausmarke OVERLIN produziert leuchtende Qualitätslacke und Wandfarben und verkauft neben Tapeten und Pinseln sämtliches Zubehör, das geeignet ist, ein Malerherz höherschlagen zu lassen. Diese Nische wird bis in die 1990er Jahre bespielt, als die Konkurrenz der Bau- und Heimwerkermärkte zunimmt und den Detailverkauf an Endkunden und das Malerhandwerk zu einem wenig profitablen Geschäft werden lässt.
1965 Tschüss Lohntüte!
Heute finden Geldgeschäfte mehr und mehr digital statt. Und mancherorts wird darüber nachgedacht, das Bargeld gleich ganz abzuschaffen; Schweden zum Beispiel möchte das bis 2030 erledigt haben. Was für eine rasante Entwicklung, wenn wir nur wenige Jahrzehnte zurückschauen!
1965 galt die Einführung der bargeldlosen Lohnzahlung noch als kleine Revolution, die den Mitarbeitern gut erklärt werden musste: „Im Gegensatz zur bisher üblichen Barauszahlung des Lohnes sieht die bargeldlose Lohnzahlung die Überweisung der Bezüge auf ein Konto vor, über das Sie mit Scheck, durch Überweisung oder Dauerauftrag verfügen können. Die Lohntüte entfällt und mit ihr die Sorge um einen eventuellen Verlust.“ Wenn lieb gewordene alte Zöpfe abgeschnitten werden, soll das behutsam geschehen – so bleibt der bisherige Zahltag Freitag ein besonderer Werktag: „An Freitagen sind die Kassen besonders lange – bei den meisten Instituten bis 18 Uhr – geöffnet, damit jeder nach Arbeitsschluss noch sein Geld abholen kann.“
1966 Es geht auch ohne Damen
Dreieinhalb Jahre nach Hans beerbt auch Eduard Overlack seinen Vater Lutz. Seit April 1964 hat Eduard in der Firma mitgearbeitet und ist seinem Vater zur Hand gegangen. Genau wie der Vetter schlüpft er nun in die Schuhe des Seniors und übernimmt dessen Tätigkeitsfeld „Verkauf“. Er ist 27 Jahre jung.
Die Bekanntgabe dieser Nachfolgeregelung seitens der „Gebr. Overlack“ adressiert sich ausschließlich an die Herren der Schöpfung. Selbst wenn die Damen in den sechziger Jahren als Sekretärinnen, Krankenschwestern und Kindergärtnerinnen ihren gern gesehenen Einsatz leisten dürfen – die Leitungsebene vergleichbarer Unternehmen ist immer noch reine Männersache.
In den Dezember 1966 datiert die Gründung der PENTA Chemikaliengesellschaft, in der sich die Fritz Hamm GmbH, Weinstock & Siebert (beide Düsseldorf) und die „Gebr. Overlack“ aus Mönchengladbach zum Zweck einer Einkaufsgemeinschaft zusammenschließen. Hans Overlack ist über Jahre und Jahrzehnte eine der treibenden Kräfte hinter diesem Zusammenschluss, dessen ehrenamtlicher Geschäftsführer er während der ersten sechs Jahre bleibt.
1967 Strauss & Overlack III
Nach seiner Pensionierung in der Firma Overlack engagiert sich Heinrich Overlack verstärkt im Erkelenzer Landhandel, der seit 1948 den Namen „Strauss & Overlack“ trägt. Den jungen, jüdischstämmigen Miteigentümer Kurt Strauss schätzt er hoch. Im Herbst 1966 bietet er ihm seinen Gesellschaftsanteil in Höhe von 25 Prozent an; Heinrich ist todkrank: „Sie wissen, dass nur ganz zwingende Gründe mich zu diesem Schritt veranlasst haben. Die Zusammenarbeit mit Ihnen, die sich im wesentlich auf eine beratende Tätigkeit beschränkte, war – vor allem in den letzten Jahren – so vorbildlich und von einem gegenseitigen Vertrauen getragen, dass ich Sie immer mit Vergnügen in Erkelenz besuchte.“ Als Heinrich Overlack im Februar 1967 stirbt, reagiert Kurt Strauss mit einem berührenden Beileidsschreiben. Der fast gleich alte Hans Overlack bedankt sich: „Sie sagten, dass Sie sich gegenüber meinem Vater – vor allen Dingen in den letzten Jahren – wie ein Sohn gefühlt hätten. Ich glaube sagen zu dürfen, dass mein Vater ebenso für Sie empfunden hat. Immer wieder war er des Lobes voll über Ihre vorbildliche Leitung der Firma Strauss & Overlack. Dass er seine Beteiligung an diesem Unternehmen Ihnen überlassen hat, bestätigt dies.“
Nachdem Kurt Strauss einige Jahre später auch die Geschäftsanteile von Lutz Overlack erwerben kann, ist der Landhandel wieder ganz in den Händen der Familie Strauss. Den in Erkelenz gut eingeführten Namen „Strauss & Overlack“ führt das Unternehmen bis ins Jahr 2014, als es mit zwei weiteren familiengeführten Agrarhandlungen zur Moland GmbH & Co. KG fusioniert.
1968 Der Zahlenmensch
Dass Hans Overlack ein Zahlenmensch ist merkt jeder, der neben ihm im Auto sitzt und lauscht, wie er die Kennzeichen vorausfahrender oder begegnender Fahrzeuge ihren Besitzern zuordnet. Hans memoriert sämtliche Geburtstage aller Mitarbeiter und meist auch noch die der zugehörigen Ehefrauen und Kinder. Seiner Zahlenleidenschaft frönt er am liebsten in andächtigen Sitzungen am Schreibtisch, wo Tabellen und Formulare feinsäuberlich ausgefüllt werden und minutiöse Vergleiche ermöglichen. Wie gut, dass Hans das Computerzeitalter nur noch am Rande gestreift hat: die Maschinen hätten ihm viele seiner liebsten Beschäftigungen abgenommen.
Mit Kurt Weinstock, dem Mit-Pentisten und Präsidenten des Verbands Chemiehandel, denkt er intensiv über die Ausweitung der Penta in den süddeutschen Raum nach.
1969 Früh übt sich …
Dieses Kerlchen wird in der Geschichte der Gebrüder noch öfter auftauchen, dann freilich in gesetzterem Alter. Jedenfalls beobachten wir hier den noch sehr jungen Peter Overlack bei seinem ersten Arbeitseinsatz während der Schulferien in der Lackabteilung. Sein Lehrmeister ist der erfahrene Farbmischer Erich Vilz, der stolz darauf ist, die ersten Schritte des Juniors behutsam zu begleiten.
1970 Ausbildung mit Auszeichnung
Im Sommer 1970 feiert die Industrie- und Handelskammer Mönchengladbach die 24 Prüfungsbesten, die ihre Abschlussprüfung „mit Auszeichnung“ bestanden haben, in einer „schlichten Feierstunde“ und überreicht dem hoffnungsfrohen Nachwuchs ein Buchgeschenk. Unter den 24 Ausgezeichneten ist auch der junge Großhandelskaufmann Jürgen Heijen, der bei Overlack gelernt hat. Die Ausbildung junger Leute sieht das Unternehmen über die Jahrzehnte hinweg als wichtige Aufgabe.
Schon drei Jahre nach ihrer Gründung wächst die Penta auf sieben Mitgliedsunternehmen an: mit A. & E. Fischer in Mainz, Herkommer & Bangerter in Stuttgart, Wilhelm Jäkle in Nürnberg und F. B. Silbermann in Augsburg ist der Einkaufsverbund der Chemikalienhändler jetzt auch in Süddeutschland vertreten. Die großen Produzenten freuen sich ausdrücklich nicht über diese Konzentrationsbewegung ihrer Zwischenhändler: „Das Verhalten der Industrie der Penta in ihrer neuen Zusammensetzung gegenüber muss als abwartend bezeichnet werden. Diese negative Haltung zu wenden muss unser aller Bestreben sein“, schreibt Hans Overlack im Februar an seine Händlerkollegen.
1971 Gleitzeit befreit
Ende 1970 wird im Unternehmen die „gleitende Arbeitszeit“ eingeführt, die den Angestellten in Verkauf, Verwaltung und Labor die relativ freie Einteilung ihrer Arbeitszeit ermöglicht. Ein halbes Jahr später feiert die Rheinische Post diese Innovation als wegweisend: „Firmenchef Hans Overlack (der wie alle anderen morgens seinen Zeitschlüssel in den Zähler steckt) und die Angestellten sind von den Vorteilen des Gleitens überzeugt. Denn nicht nur die Mitarbeiter profitieren durch die größere Selbstständigkeit, auch die Firma verdient daran: Die Angestellten fallen nicht mehr wegen kleiner Besorgungen aus, die Arbeitsspitzen werden besser und leistungsstärker bewältigt und schließlich steigt auch die Arbeitsmoral, wenn man keinen Rüffel für Zuspätkommen mehr zu fürchten braucht.“