1983 Treue Seele

Wie viele Mitarbeiter im Lauf des vergangenen Jahrhunderts in dieser Firma gearbeitet haben! Eine verlässliche Zahl dazu haben wir  nicht. Aber die meisten von ihnen bleiben über Jahrzehnte und werden dafür zu Recht geehrt.

Herr H., rechts im Bild, ist einer von ihnen. Zunächst weist freilich nichts auf eine stabile Beziehung zu seiner Firma hin. Ein Kollege, der einen groß angelegten Diebstahl von Perchlorethylen organisiert, spannt den naiven und gutgläubigen H. als Handlanger für seine Zwecke ein. Irgendwann fliegt die Geschichte auf, beide werden fristlos entlassen. Während der Drahtzieher danach nicht mehr auftaucht, steht H. über Wochen hinweg immer wieder stundenlang auf der Aachener Straße und schaut auf „seine“ Firma. Irgendwann packt die Chefs das Erbarmen, Herr H. wird wieder eingestellt. Eine gute Entscheidung! Bis zum Rentenalter und sogar noch zwei Jahre darüber hinaus arbeitet er fleißig und nimmermüde in der Lösemittelabfüllung. Eine treue Seele!


 

Siegfried Bahr mit Siegfried Voehrs (links) und Winfried Guntermann (rechts)

Eduard (links) und Hans Overlack (rechts) umrahmen den Betriebsratsvorsitzenden Lothar van Helden

1983 Feste feiern

Im März 1983 feiert Siegfried Bahr, Lagermeister bei „Gebr. Overlack“, sein 25-jähriges Betriebsjubiläum. Solche Anlässe und auch die im jährlichen Abstand stattfindenden Pensionärstreffen werden in der Firma ausgiebig und gerne mit belegten Broten, Kaffee und einem Glas Sekt in geselliger Runde in der Türmchenvilla begangen. Selbstverständlich sind die beiden Chefs Eduard und Hans Overlack dann jeweils mit von der Partie und feiern ihre treuen Mitarbeiter.

Pensionärstreffen im Jahr 1982


Ab sofort auch via Teletex erreichbar … – welcher Entwicklung gehört die Zukunft?

Und ein historisches Teletex vom 19. Dezember 1991: Weihnachtsgruß an die Mitarbeiter der jüngsten Tochter in Sachsen, die AUC in Leipzig

1984 Zukunftsmusik und Sterbender Schwan

Unverändert zählt „die Ausbildung tüchtiger Kaufleute“ auch im Jahr 1984 „zu den Steckenpferden der Geschäftsleitung“. Am 2. August 1984 schreibt Hans Overlack dem Geschäftsführer der IHK Mönchengladbach: „Heute haben 6 junge Leute (3 Damen und 3 Herren) ihre Ausbildung zum Kaufmann im Groß- und Außenhandel bei uns begonnen. Im Augenblick beschäftigen wir 14 Auszubildende, das sind bei einer Belegschaft von knapp unter 100 Mann immerhin gut 15 Prozent.“ Auch wenn da einerseits viel investiert wird, so rechnet sich das Engagement langfristig ganz unbedingt: „Von den 4 Auszubildenden, die im Sommer vor wenigen Wochen die Prüfung abgelegt haben, haben wir 3 bei uns als Angestellte behalten.“

Das kann man von der Investition in die Teletex-Anlage nicht behaupten, die im Schreiben vom Juli 1984 als Kommunikationsweg der Zukunft beworben wird. Dieser Textkommunikationsdienst wird in Deutschland nur von 1981 bis 1993 angeboten werden: zu teuer, zu kompliziert, zu wenig vielseitig. Schon Ende der 80er Jahre verdrängen Faxgeräte und später die E-Mail die wenig zukunftsfähige Teletex-Technologie.

Wenn man das nur immer vorher wissen könnte!


 

1985 Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft

Auf die Frage, wie man sich mit Werbegeschenken nach außen präsentiert, verwendet die Geschäftsleitung in den 80er Jahren
einiges an Zeit und Energie. Hans Overlack ist überzeugt davon, dass die Kunden von der Qualität der Gaben unmittelbar auf Qualität und Zuverlässigkeit ihres Handelspartners schließen. Deshalb werden diese unentbehrlichen Haushaltshelfer auch mit sinnigen Sprüchen versehen: „OVERLACK – Ihr starker Partner!“ ist dabei gängiges Motto.


Martin Lersch malt die Overlacks, von links: Lutz, Heinrich, Dieter, Hans und Eduard. Wandgemälde im Overlack-Haus

Entwurfsskizze zum Wandgemälde

1986 Die Overlacks

Im Mai 1986 erliegt Eduard, der jüngere der beiden Geschäftsführer und Sohn von Lutz Overlack, mit 47 Jahren seiner langjährigen Krebserkrankung. Sein Tod bedeutet eine Zäsur für das Unternehmen. Hans Overlack ist zunächst ohne Vertriebspartner, die Familie von Eduard wird sich elf Jahre später ganz aus der Firma zurückziehen.

Im Auftrag von Peter Overlack verewigt der Künstler Martin Lersch die Overlack-Männer Mitte der 90er Jahre in einem großformatigen Wandgemälde. Er zeigt sie mit je einem typischen Attribut: bei Lutz ist es die Jagd, bei Heinrich der Wein, bei Hans die Kunst, bei Eduard die Musik. Aus der Reihe fällt das Porträt von Dieter, Hans‘ älterem Bruder, der im Zweiten Weltkrieg gefallen ist und eigentlich Förster werden wollte. Die letzte Tafel bleibt leer – Peter ist in der Firma noch ein vergleichsweise unbeschriebenes Blatt.


14. August 1987: Brummerparade in aller Herrgottsfrühe

1987 Brummerparade

Heutzutage wird auf so aufregende Art allenfalls noch Harry Potter zum Zauberunterricht nach Hogwarts abgeholt … – legendär in der Firmengeschichte ist jedenfalls der Auftakt zum letzten Arbeitstag von Versandleiter Hans Stevens.

Lothar Fischer berichtet davon am 15. August 1987 in der ERKELENZER ZEITUNG:
Gestern Morgen kurz nach 6 Uhr in Venrath: aus Richtung Herrath dröhnt lautes Motorengeräusch in den Ort. Langsam nähert sich eine orangefarbene Lastwagen-Kolonne, biegt in die Herrather Straße ein, fährt bis zur Kirche, dreht sich dort und formiert sich dann zu einer Parade. Mittlerweile ist auf der Herrather Straße auch der letzte Bürger aus dem Bett gefallen und hat sich den Schlaf aus den Augen gerieben. Verwundert blicken sie auf die Szenerie vor ihren Häusern: vier Tankfahrzeuge und 16 Lastwagen, zwei davon mit Anhänger, alle blitzblank geputzt, vorneweg ein Ford Transit, alle mit dem Firmen-Schriftzug „Overlack“, nähern sich langsam dem Einfamilienhaus mit der Nummer 23 fast am Ende der Straße. Hier wohnt Herr Stevens, Versandleiter bei der Mönchengladbacher Firma Overlack, und der hat gestern seinen letzten Arbeitstag.

Hans Stevens, noch nicht vollständig bekleidet, steht mit seiner Frau Betty an der Haustür und nimmt am Beginn seines letzten Arbeitstages sichtlich bewegt die Parade der dicken Brummer ab. Fast 37 Jahre lang hat er sie täglich auf die Reise geschickt. Hinter dem Steuer sitzen seine Kollegen, die in diesem Morgen eine Stunde früher zur Arbeit gekommen sind, um ihrem scheidenden Chef diese Überraschung zu bereiten.

Aber die ist noch keineswegs komplett. Aus dem Transit klettert Firmenchef Hans Overlack, aus einem der Lastwagen seine Gattin Isolde. Beide lassen es sich nicht nehmen, ihren treuen Mitarbeiter an seinem Ehrentag zum Dienst abzuholen. Aber nicht ohne gemeinsames Frühstück für das Ehepaar Stevens und die Overlack-Abordnung, insgesamt 20 Leute. […]


 

1988 Der Junior steigt ein

Im Juli 1988 steht der nächste Generationswechsel an. Nach gründlicher Ausbildung – Banklehre, Studium der Betriebswirtschaft, Tätigkeit als Vorstandsassistent in einem Hamburger Unternehmen – hat Peter Overlack als Vertreter der G3 (3. Overlack-Generation) seinen ersten Arbeitstag im Unternehmen. Zuvor hat er sich bei Kollegenfirmen im nord- und süddeutschen Raum umgeschaut, um sein Bild über den Chemikalienhandel zu vervollständigen.

Er hätte sich auch ein ganz anderes Berufsfeld vorstellen können, die Architektur zum Beispiel. Jahre der Überleitung stehen nun bevor.

Auch selbstständige Unternehmer, so sieht es Hans Overlack, „haben ein Recht darauf und womöglich sogar die Verpflichtung dazu, die Führung aus der Hand zu geben und ihren Nachfolgern das Feld zu überlassen.“


Vater und Sohn in einem Boot

1989 Wachstum I

Über den dynamischen Chemikalienhändler vom Niederrhein berichtet die CHEMISCHE INDUSTRIE im April 1989:„Seit jeher haben sich die Overlacks – die dritte Generation bereitet sich auf die Firmenübernahme vor – auf den Chemikalienhandel konzentriert und innerhalb dieses Rahmens expandiert – auch durch Firmenkäufe. So wurde vor einigen Jahren der Kölner Chemikalienhändler „Carl Arnsperger Chemikalien GmbH“ übernommen; dazu kam ein Tochterunternehmen in den Niederlanden: die „Ella Chemie BV“ in Eindhoven. Der Umsatz der Gruppe liegt jetzt in der Größenordnung von 60 Millionen DM.

Die Familie hat sich vor Investitionen nie gescheut, wenn es darauf ankam, Wachstum durch Kapazitätsausweitung und Rationalisierung zu untermauern.“


1990 Umweltschutz

Die Empörung von Toni Niedergesäs ist nachvollziehbar. Seit dem Verkauf der Firma Lagerfeld an die Brüder Overlack im Jahr 1925 ist die Witwe deren unmittelbare Nachbarin. Nicht alles gefällt ihr. Am 18. Mai 1932 macht sie ihrem Unmut Luft und schreibt unter anderem: „Ich mache Sie bei dieser Gelegenheit höfl. darauf aufmerksam, dass durch die auslaufenden Säurereste der zerschlagenen Ballons und die Ausdünstungen der leeren Emballagen, die am Zaun lagern, mein Obstgarten sehr leidet und ich fordere Sie hiermit höfl. auf, umgehend für Abhilfe zu sorgen.“

Sechs Jahrzehnte später wäre Toni Niedergesäs nicht mehr auf den guten Willen der Overlack-Brüder angewiesen. Der Umweltschutz ist als nennenswerte Größe auf den Plan getreten. Im Rückblick auf die Firmengeschichte skizziert Hans Overlack dessen Bedeutung im Jahr 1990 so: „Spielte der Umweltschutz bis vor etwa zehn Jahren kaum eine Rolle, so hat sich dessen Bedeutung für alles, was mit Chemie zu tun hat, ins Unermessliche gesteigert. Nicht nur die Erkenntnisse sind in diesem Bereich gewachsen, auch die von den Behörden erteilten Auflagen und Forderungen sind immens. Seit mehr als zwei Jahren läuft eine umfangreiche Tankanlagenplanung, deren Grundzüge und Ausgestaltung in häufigen Besprechungen mit Feuerwehr, Gewerbeaufsicht, Ordnungsamt, Bauaufsichtsbehörden usw. festgelegt wurden.“

Gründung der AUC Leipzig    
Heute: OQEMA GmbH


Nicht alle Wege führen zum Ziel – aber auch die Umwege sind vielversprechend und lehrreich. Eine von vielen Gesprächsnotizen im Vorfeld der Firmengründung.

1991 Auf in den Osten!

Der Mauerfall am 9. November 1989 ermöglicht einen veränderten Blick auf die Landkarte. Und eine nahezu logische Schlussfolgerung: Wenn alle schon im Westen sind … – warum nicht im Osten wachsen? Es herrscht Goldgräberstimmung und rasches Handeln ist angesagt.

Schon im Frühjahr 1990 ist Peter Overlack in der Ex-DDR unterwegs, um geschäftliche Möglichkeiten auszuloten. Mit dem Betriebsdirektor der VEB Kunstharzfabrik Leipzig, Frank Edler, wird er rasch handelseinig. Die Gründung der „AUC assoziierte Unternehmen Chemie GmbH“ als Tochter der Overlack GmbH wird zum September 1990 am Standort Leipzig-Mölkau vollzogen. Eine ganze Reihe guter Mitarbeiter bringt Frank Edler gleich mit. Dass die Mitarbeiter das eigentliche Kapital jeden Unternehmens sind, weiß auch der junge Mann aus dem Westen. In seiner Info ans Team im heimischen Mönchengladbach schreibt Peter Overlack: „Für Erfolg oder Misserfolg aber werden sie [die zuvor beschriebenen Probleme einer Existenzgründung im wilden Osten] nicht ausschlaggebend sein. Schlüsselfrage, das gilt sicherlich für AUC Leipzig wie für alle unsere Tochterunternehmen und selbstverständlich auch für das Stammhaus in Mönchengladbach, sind vielmehr die dort beschäftigten Mitarbeiter. Ihre Kreativität, ihre Einsatzfreude, ihr Einfallsreichtum, ihr Fleiß werden für den Erfolg ganz maßgeblich wichtig sein.“

Schon 1993 wird das Unternehmen in Conlac Saxonia umbenannt.